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Goldene Bekenntnisse

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   ➡️ Hörversion Er hatte sich eine Füllfeder gekauft. Kostbar war sie. Die Feder war aus vielversprechendem Gold – denn dieses Versprechen hatte er sich selbst gegeben: Mit dieser Füllfeder würde sich sein Schreiben verändern. Gold – das war für ihn der Inbegriff des Beständigen, des Überdauernden, des Kostbaren. Er wollte seine geliebte Marie mit seinen Worten verzaubern. Besonders jetzt. Im Krieg. Sie sollte seine Briefe immer wieder lesen wollen. Briefe, in die er goldene und noch nie von ihr gehörte Liebesbekenntnisse einbetten wollte. Jeden Morgen, wenn er aufwachte, sah er neue Seelenschwüre wie eine Laufschrift vor seinem inneren Auge vorbeiziehen. Und jedes Mal schlief er wieder ein und verlor seinen kostbaren Schatz, der in seinem Herzen klopfte. Er wusste: Diese Füllfeder würde in jenen schläfrigen Momenten einen sanften Funken in ihm entfachen, der ihn aus der Umarmung des Schlafs reißen und an den Tisch führen...

Ursprache lebt

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  ➡️Zur Hörversion Sinnliche Zeit. Übersinnliche Zeit. Ich trete innerlich zurück und innerlich hinein in meine Wahrnehmung. Minimalistisches Denken und vielfacettiges Sehen. Meine Augen wandern im Zimmer umher und bleiben hängen. Auf dem Regal steht eine große Teekanne aus Keramik. Ein Be HÄLT ER. Aus meinem Sprachgedächtnis ploppen Begriffe auf und hüllen sich in Ideen. In neue Sprachbilder. Be- HALTEN . Die Teekanne be HÄLT Tee. So kann er nicht vom Tisch fallen, sondern er wird ge HALT en. Von Grenzen, die ihm durch die Kannenwand und den Kannenboden gesetzt werden. HALT ! ruft mein Sprachgedächtnis. Woher kennst du mich? HALT ist ein STOPP. Eine Grenze, die eine Bewegung an HÄLT . Aber setzt ein An HALTEN nicht an anderer Stelle eine Bewegung voraus? An HALTEN der Regen. An HALTEN der Verkehr. Sind die Fahrzeuge stehengeblieben oder fahren sie unaufhörlich weiter? Doppeldeutigkeit der Sprache. Es HALLT in meinen Ohren ein neuer Begriff. ...