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Wenn ich heute sofort verreisen könnte …

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  ➡️Hörversion   Wenn ich heute sofort verreisen könnte, würde ich …   mir zuerst etwas wünschen:   Lieber Himmel, gib mir für die gesamte Reisezeit Wohlbefinden. Danke!   Dann ginge es los. Wohin? Nun, das ist ziemlich egal. Ziele spielen keine Rolle. Der Weg IST das Ziel. Oder noch exakter: Der Weg ist der Weg. und Das Ziel ist das Ziel.  Wie die Buddhisten sagen.   Ich würde einfach losfahren. Mich vom Moment leiten lassen. Von spontanen Impulsen. Mal nach rechts, mal nach links, nochmal nach links. Wo zieht es mich hin? Wo war ich noch nie?   Nicht wie Jon Fosse in seinem Roman Das Leuchten . Nicht streng abwechselnd rechts – links – rechts – links …  Wald – mit dem Auto steckenbleiben. Zu Fuß weitergehen. Finsternis. Verwirrung. Delirium. Tod.   Nein – ich würde reisend mein Leben bereichern. Vielleicht würde ich in China landen. Oder in Neuseeland. Es ist egal. Ich wäre immer dort, w...

Magie zwischen Himmel und Erde

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➡️Hörversion Stillstand. Mitten im Gehen. Ein leiser Widerstand unter meinen Füßen, Ziegelschotter knirscht, rötlich, krümelig. Kritsch kritsch kritsch. Alles Rhythmus, alles Zeit. Mein Blick wendet sich zum Himmel. Oben. Unten. Der Morgen ist voller Magie, die ich auf der Haut spüren kann. Oben die Sonne. Unten … ein Bruchstück eines roten Ziegels. Darauf zwei Wörter, scharf eingeprägt wie ein Rätsel. MANN BERG Ich lese. Sprache spricht mich immer an. Ein Echo antwortet in meinem Inneren: MOSES SINAI Bilder steigen auf. Der uralte Moses auf seinem Gipfel, Arme erhoben, Steintafeln leuchtend im gemalten Licht. Unzählige Künstler haben ihn in dieser Szene in gewaltige Bilder gegossen. Die zehn Gebote. Nicht Ver-bote. Ge-bote. Leises Wissen, eingegraben in mein Herz. Heilige Ahnung durchzuckt die Stille, als trüge dieses Steinchen die geheime Inschrift allen Menschseins – ein Stück Göttlichkeit, getarnt als Ziegelbruch. Ein Echo der großen Tafeln. Wi...

Wintergewitwer

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  ➡️Hörversion  Spannung hielt die Luftmoleküle schon seit dem frühen Morgen fest an Ort und Stelle. Schwüle hatte sich schwer auf den Ort gelegt wie eine nasse Wolldecke. Auch zwischen ihnen war die Luft wie kurz vorm Zerreißen, und zwar gleich von dem Moment an, als er ihr seine Haustür geöffnet hatte. Es brauchte nur noch einen Funken, dann … ein mächtiger Blitz entlud sich am Abendhimmel, der bereit war, der Nacht den ihr zustehenden dunklen Platz abzutreten. Hohe Kräne verbanden noch nicht ganz fertige Häuser mit dem Himmel darüber, so als wären sie riesige Energieleiter, die die Stadt von oben mit Strom versorgten. Sie waren um diese Zeit sicher nicht bemannt. Unvorstellbar, jetzt – bei diesen orkanartigen Sturmböen und den in so kurzen Abständen aufeinanderfolgenden Blitzen! Er näherte sich ihr einen Schritt weiter, mühsam das linke Bein nachziehend. Er stellte seinen Stock vor sich hin, stützte sich mit beiden Händen darauf und betrachtete sie. Diese erwachsene Frau, d...

Die Treppe zum Himmel - Stairway to Heaven

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  ➡️ Hörversion  Das weiße Radio, das in dem ebenso weiß furnierten Regal in ihrem Zimmer steht, liebt Petra über alles. Für sie ist es die Quelle besänftigender Klänge und erweiterten Fühlens. Da wird er angekündigt, der Song, den sich ihre Seele derzeit zur Kuscheldecke erkoren hat. Noch während der Ansage stürzt sie zu ihrem großen Spulentonbandgerät, das sie sich von ihrem ersten in den Sommerferien verdienten Geld gekauft hat. Geliebte Musikstücke zu konservieren, sodass sie immer wieder angehört werden können, davon hat sie schon lange geträumt. Das Gerät läuft. Wie gut, denkt sie, dass ich gestern noch das Ende des letzten aufgenommenen Songs genau eingestellt habe. Hochkonzentriert achtet sie darauf, wann der Sprecher sich einblendet, um den nächsten Titel anzusagen. Da ist der Moment! Schon wieder wird der Song vor der nächsten Ansage nicht lange genug ausgeblendet, sodass die Stimme des Sprechers mitten in die Musik hineinplatzt! Ich könnte dem die Gurgel umdr...

Die Tulpe

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  ➡️Hörversion  SCHWARZ-WEISS – Yin-Yang – tot und statisch ist der Urgrund des Seins. Wie ein Schachbrett. Schwarz – Weiß – Schwarz – Weiß … in alle vier Himmelsrichtungen. Wechsel zwischen den Polen, den Extremen. Schwarz für Dichte. Weiß fürs Lichte. Aus sich selbst heraus ist dieser statische Grund nicht in der Lage, Lebendiges hervorzubringen. Ein Schachbrett ist leblos. In ihm schlummern nicht einmal Ideen. Es fehlt der Geist. Das Spiel findet AUF dem Urgrund der Bipolarität statt. Es sind die Figuren, die darauf das Spiel des Lebens spielen. Auf dem Schachbrett bekämpfen sie sich. Einer wird gewinnen. Schwarz oder Weiß. Krieg ohne Frieden. Wenn das Spiel aus ist, ist es aus. Alle Figuren müssen vom Feld und ihre Anfangsstellung wieder einnehmen. Das Spiel beginnt von vorn. Es ist ein Spiel, das von der nächsthöheren Ebene aus gesteuert wird. Vom menschlichen Verstand. Der besser Geschulte gewinnt mit seiner Farbe. Schwarz ODER Weiß gewinnt. Auge um Auge … EINE...

Imagination

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  ➡️Zur Hörversion Raspelraspelraspel … als gäbe es kein Morgen. Raspelraspelraspel. Das Angebot war riesig. Unüberschaubar. Argynnis wuchs und wuchs. Schlaraffenland umfing sie. Es schmeckte. Einfach. Lecker. Nachts ruhte sie in dem Wissen, dass auch morgen ihre Lieblingspflanzen wieder ein Stück weiter gewachsen sein würden. Blatt für Blatt. Millimeter für Millimeter. Wilde Veilchen, Ackerstiefmütterchen … sie hatte die große Auswahl. Sie war dankbar für das reichhaltige Angebot der Natur. Dachte sie darüber nach? Nein. Machte sie etwas falsch? Nein. Hätte sie nicht vorsorgen sollen? Nein. Denn die Natur hat Fülle im Übermaß. So fraß sie weiter.   Doch ohne zu wissen warum, fühlte sie sich eines Morgens etwas merkwürdig. Sie hatte keinen Appetit mehr, in ihrem Verdauungssystem kam alles zum Stocken. Sie mochte nicht mehr herumkriechen und nach Nahrung schauen. Müde legte sie sich zwischen die dichten Grashalme einer Wiese. Aus ihrem Hinterteil ließ sie einen ...